Warum #mitdenken? Aus der Sicht von Claudia

till.deeke April 25, 2017

Das Motto, unter dem wir dieses Jahr demonstrieren ist #mitdenken. Doch was bedeutet für mich das Motto? Eigentlich sind es gleich mehrere Sachen, die dieser eher schillernde Begriff für mich sehr treffend vereint.

Zum einen hat es natürlich eine eher politische Bedeutung: Dass in der Politik alle Menschen mitgedacht werden müssen, egal zu welcher Minderheit der einzelne Mensch gehört. Da diesen Herbst der Bundestag neu gewählt wird, ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, auch die eher konservativ geprägten Parteien daran zu erinnern, dass sie eine Politik machen sollen, die keine Person ausschließt. Dass alle Menschen die gleichen Rechte, aber auch die gleichen Pflichten haben. Ein wichtiges Beispiel dafür ist, dass in der Familienpolitik queere Familien auch mitgedacht werden müssen und nicht nur die bisher „normale“ Vater-Mutter-Kind Familie. Es darf in der Politikgestaltung, oder auch generell im öffentlichen Diskurs, nicht vergessen werden, dass es Kinder gibt, die in queeren Familien leben und ein Recht darauf haben, von der Gesellschaft deswegen nicht diskriminiert zu werden – sie müssen also auch #mitgedacht werden.

Eine andere Gruppe, die häufig in der Politik nicht mitgedacht wird, sind queere Geflüchtete. Besonders schnell sichtbar wird dies, wenn über sogenannte sichere Herkunftsländer diskutiert wird – die alles sind, aber garantiert nicht sicher für Schwule, Lesben oder Trans*menschen. In vielen dieser Herkunftsländer sind die Gesellschaften eher queerfeindlich eingestellt, weswegen für die Geflüchteten dort kein menschenwürdiges Leben möglich ist, da ihnen eine erneute Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung droht. Dies wird in der Debatte meist vergessen, darum beinhaltet das Motto #mitdenken für mich also auch das Mitdenken von queeren Geflüchteten und dass wir auch als Community dafür streiten sollen, ihnen in Deutschland Schutz zu gewähren.

Aber das Motto hat natürlich noch einige andere Bedeutungen. Generell steht es für mich als ein Symbol dafür, dass es nicht nur den einen allgemeingültigen „normalen“ Lebensentwurf gibt. Dass wir, unter anderem auch auf dem CSD, zeigen, dass Vielfalt in der Gesellschaft eine Bereicherung ist. Durch das Motto #mitdenken wird also auch die gesamte Gesellschaft angesprochen: Damit ihr bewusst wird, dass wir als LGBQT auch zur Gesellschaft gehören und sie anfängt, uns mitzudenken. So können Berührungsängste vielleicht etwas abgebaut werden und LGBTIQ werden nicht mehr als der/die/das andere gesehen – sondern als ein gleichwertiger Teil der Gesamtbevölkerung.

#mitdenken heißt für mich aber auch, dass innerhalb der Community viel mehr Leute mitgedacht werden müssen als „nur“ Schwule und Lesben. Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, dass es auch Gläubige jedweder Konfession bei uns gibt. Egal, worüber wir diskutieren, wir dürfen nicht vergessen, dass es z.B. auch schwule Muslime, lesbische Christinnen oder trans* jüdischen Glaubens gibt. Natürlich bedeutet das aber auch, dass wir die Minderheiten in unserer eigenen Gemeinschaft mitdenken müssen, wie zum Beispiel Pansexuelle, Transpersonen, oder auch Bisexuelle. Das Motto für den CSD Hannover 2017 bedeutet für mich also auch: Ein Mehr an Gemeinsamkeit, damit wir einander zuhören und uns so auch gegenseitig unterstützen können.

Das Motto #mitdenken ist also für mich ein sehr facettenreicher Begriff. Eigentlich ist es genauso bunt und abwechslungsreich, wie unsere LGBQT- Community auch – und gerade deswegen ist es für mich das perfekte Motto für den CSD am 3.-4. Juni 2017 in Hannover.