Wir sind überglücklich und dankbar: Hülya Feise übernimmt die Schirmherrschaft für den CSD Hannover 2018. Sie ist Leiterin von gEMiDe e.V. Hier erklärt sie, warum Sie die Schirmherrschaft übernommen hat und worin der Zusammenhang zu ihrer Arbeit bei gEMiDe e.V. besteht.
„Liebe Community!
Im Januar letzten Jahres wurde ich vom Andersraum e.V. angesprochen, ob ich mir vorstellen könne, die Schirmfrau für den Christopher Street Day zu sein. Daraufhin habe ich mich im Diskurs mit unserem Vorstand und unseren bürgerschaftlich Engagierten mit der Thematik der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität im Kontext Migration intensiv auseinandergesetzt. Ich betrachte es als Auszeichnung und eine besondere Ehre, dass ich in diesem Jahr die CSD-Schirmfrau sein darf. Ich danke euch allen aus tiefstem Herzen.
Seit über 15 Jahren setze ich mich hier mit dem von mir gegründeten Verein für eine tolerante und offene Gesellschaft ein. Unabhängig von dem Geschlecht, dem Alter, von Behinderungen, der nationalen Herkunft, der Religion, der sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität oder Weltanschauung sollen alle Menschen gleichermaßen Respekt und Wertschätzung erfahren.
Dass Diskriminierung zum Alltag vieler Menschen gehört, wollen wir von gEMiDe ändern. Wir wollen etwas in der Gesellschaft bewegen und setzen uns deshalb dafür ein, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet. Es darf in einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft nicht sein, dass Diskriminierung und Vorurteile zum Alltag vieler Personen gehören. Es gibt diese Vielfalt in unserer Gesellschaft und wir sollten sie bejahen. Wir sollten uns glücklich schätzen und Toleranz und Respekt lernen. Ein Umdenken kann schon dann beginnen, wenn sich Menschen mit Vielfalt auseinandersetzen und erfahren.
Oft entstehen Ablehnung, Hass und Vorurteile dadurch, dass man etwas nicht kennt. Menschen, die kaum Personen mit Migrationshintergrund kennen, lehnen diese eher ab – einfach nur aus Angst. Angst, die von Vorurteilen, nicht aber von Erfahrung lebt. Andere lehnen diejenigen ab, die eine nicht heterosexuelle Orientierung haben. Warum? Weil sie es nicht verstehen. Weil sie sich wenig in die andere Person hineinversetzen. Weil sie sich aus Unsicherheit und Vorurteilen heraus verschließen.
Und manche denken sich: „Der oder die ist in einer Art und Weise anders, aber ich mag ihn oder sie trotzdem.“ Als wäre es ein Problem, dass jemand von woanders herkommt oder eine andere sexuelle Orientierung hat. Nein, das sind keine Probleme. Probleme sind Ablehnung und Diskriminierung. Es ist wichtig, dass wir diese Probleme sichtbar machen und ganz klar zeigen, dass nicht die Menschen, die Opfer von Diskriminierung werden, die Probleme einer Gesellschaft ausmachen.
Wir möchten Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zusammenbringen und Ängste und Vorurteile gegenüber unbekannten Milieus abbauen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die eigene Identitätsfindung. Manche Menschen mit Migrationsgeschichte haben leider immer noch Schwierigkeiten, in unserer heutigen Zivilgesellschaft ihren Platz zu finden.
In der Regel leben Sie zwischen zwei Kulturen und fühlen sich beiden Kulturen zugehörig. Migrantinnen und Migranten werden oftmals in eine Situation gebracht, in der sie sich entscheiden müssen, und oft denken sie, sie sollten ihre Wurzeln aufgeben.
Kulturelle Wurzeln sind Bestandteil unserer Identität. Die freie Identitätsfindung ist ein elementarer Bestandteil, um sich anderen Kulturen und Lebensweisen ohne Angst und Vorurteile öffnen zu können. Dabei spielt die eigene sexuelle Identität eine tragende Rolle. Sexuelle Vielfalt und Gleichstellung von LGBTIQ in allen Bereichen unserer Gesellschaft ist bis heute noch nicht erreicht. Queere Menschen sind in unserer Gesellschaft, trotz der Gleichstellung der Ehe für alle, immer noch Diskriminierung, Gewalt und Vorurteilen ausgesetzt.
Ich, als Leiterin des Vereins gEMiDe e.V., möchte als Schirmfrau des Christoper Street Day 2018 in Hannover mit meinem Engagement auf diese Zustände aufmerksam machen und mich für die Rechte der queeren Community einsetzen. Als gEMiDe e.V. setzen wir uns ein für mehr Akzeptanz und Gleichberechtigung von LGBTIQ Menschen in unserer Zivilgesellschaft!
Ich möchte Ihnen zum Schluss die Worte von Johann Wolfgang Goethe mit auf den Weg geben: „Nach unserer Überzeugung gibt es kein größeres und wirksameres Mittel zu wechselseitiger Bildung als das Zusammenarbeiten.“
Lasst uns gemeinsam an der offenen Gesellschaft arbeiten, damit wir gemeinsam in einer offenen Gesellschaft leben dürfen!
Sonnige Grüße,
Eure Hülya Feise“
Vielen Dank auch dir, liebe Hülya! Wir freuen uns sehr über die Zusammenarbeit und empfinden den Austausch mit gEMiDe e.V. als Bereicherung!
Foto: Nancy Heusel