Forderungen 2024

Die Forderungen des CSD Hannover 2024 wurden von verschiedenen Communities erarbeitet. Wir danken allen, die an der Erarbeitung mitgewirkt haben!

Der CSD.Hannover ist eine Plattform zur gemeinsamen Erhebung politischer Forderungen. Queere Communitys sind vielfältig und genauso vielfältig sind ihre Themen. Auch wenn beim CSD queere Themen im Vordergrund stehen, können diese nicht verstanden werden, ohne auch über andere Dimensionen von Diskriminierung zu sprechen, z.B. Rassismus, Misogynie, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Klassismus, Armut, Be_hindertenfeindlichkeit und viele mehr. Kein Mensch ist nur queer oder nicht queer, alle anderen Kategorien kommen ebenfalls vor und erzeugen in ihrer Verwobenheit eine je eigene Art von Diskriminierung und/oder Privilegierung.

Das versuchen wir in den hier artikulierten Forderungen deutlich zu machen. Wir als CSD-Team haben einige Gruppen und Organisationen gebeten, ihre Forderungen aufzuschreiben. Nicht alle angefragten Gruppen hatten die Kapazitäten, sich zu beteiligen. Dafür haben wir volles Verständnis. Umso dankbarer sind wir denen, die es geschafft haben. Widerspruch und Ergänzungen zu den hier formulierten Forderungen sind immer willkommen!

 

Grundsätzliches

Formuliert vom LSVD Niedersachsen-Bremen

 

Artikel 3 GG ergänzen

In Artikel 1 Grundgesetz heißt es: „Alle Menschen sind gleich“. Die Konkretisierungen im Diskriminierungsverbot und Gleichstellungsgebot finden sich in Artikel 3 unserer Verfassung. Homosexuelle wurden als einzige Opfergruppe der Nationalsozialisten 1949 hier bewusst nicht aufgenommen. Lange hatten schwule Männer und lesbische Frauen im demokratischen Nachkriegsdeutschland darunter zu leiden. Diesen Missstand gilt es zu korrigieren! Deshalb muss Artikel 3 Absatz 3 um das Merkmal der geschlechtlichen und sexuellen Identität ergänzt werden, denn nur das Grundgesetz bietet den universellen und unveränderbaren Schutz.

 

Hasskriminalität bekämpfen

Täglich werden Menschen angepöbelt, bedroht und angegriffen, weil die Täter*innen ihren Hass auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans-, intergeschlechtliche und queere Menschen ausleben. Eine demokratische Gesellschaft darf das nicht hinnehmen!

Wir fordern Gesellschaft und Politik auf, sich gegen Hass und für Gleichberechtigung und Vielfalt einzusetzen. Eine bunte und offene Gesellschaft muss gefördert, Hass und Hetze müssen geahndet und bestraft werden!

 

Trans* Rechte

Formuliert von Mine Wenzel

 

Die aktuelle Bundesregierung trat an mit dem Versprechen, Selbstbestimmung und rechtliche Anerkennung für trans*, inter* und abinäre Personen zu ermöglichen. Auf dem holprigen Weg zum versprochenen Selbstbestimmungsgesetz ist sie dabei in eine üble Sackgasse abgebogen. Das mehrfach für verfassungswidrig erklärte TSG wird seit nunmehr über 40 Jahren von trans*Communities kritisiert. Aus der Kritik sind in der parlamentarischen Umsetzung bislang lediglich halbgare Kompromisslösungen gemacht worden, die junge queere Menschen in ihrer Entscheidungsfähigkeit einschränken und trans*feindliche Scheinsorgen adressieren, statt die versprochene Selbstbestimmung zu gewähren.

Weiter bleiben wesentliche Forderungen von trans* und inter* Communities zu Entschädigungen für in der Vergangenheit vorgenommene, medizinisch nicht notwendige und teilweise zwangssterilisierende Eingriffe völlig außen vor.

Zuletzt ist der Gesetzgebungsprozess durchzogen von Dämonisierungen und kulturkämpferischer Stimmungsmache die sich gezielt gegen trans*weibliche Personen richten. In einer Mischung aus Hinhaltetaktik, falschen Versprechungen und politischer Unfähigkeit wird der trans*misogyne Status quo bestätigt. Das führt sogar so weit, dass der deutsche Justizminister offen trans*misogynen Verschwörungserzählungen auf den Leim geht und die Argumentationsmuster organisierter, politisch motivierter trans*Feindlichkeit ins Selbstbestimmungsgesetz einfließen lässt.

Wir fordern daher:

Den Rücktritt von Marco Buschmann. Trans*feindlichkeit muss Konsequenzen haben.

Die Abschaffung des TSG durch ein Gesetz, dass tatsächliche geschlechtliche Selbstbestimmung ermöglicht, statt Halblösungen und trans*feindliche Scheinargumente.

Die Abschaffung des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrages.

Eine Reform des Sozialgesetzbuches und eine Abschaffung des Zwangsapparates aus Krankenkassen und Medizinischen Diensten.

Eine Entschädigung für vergangene Zwangssterilisationen und medizinisch nicht-notwendige Eingriffe an trans*, inter und abinären Personen.

Die Stärkung des öffentlichen Gesundheits- und Pflegesektors und im selben Zuge den Ausbau von medizinischen und therapeutischen Angeboten, die spezifische Bedarfe trans*geschlechtlicher und abinärer Personen abdecken.

Wir fordern eine Abschaffung des rassistischen Asylbewerberleistungsgesetzes und einen uneingeschränkten Zugang zum deutschen Gesundheitssystem für Geflüchtete, sowie einen hürdenlosen Zugang zu Transitionsmaßnahmen für trans*Refugees.

Wir fordern Nancy Faeser und die Bundesregierung auf, ihre Pläne zu Asylverfahren an den EU Außengrenzen sofort einzustellen. Asylsuchende brauchen sichere Routen und humanitäre Hilfe, statt verkürzte Verfahren, ohne Zugang zu Beratung und vereinfachte Abschiebungen, unter denen vor allem verwundbare Refugees wie Frauen, Queers und trans*Personen leiden. Grenzen auf!

Wir fordern die Abschaffung des sogenannten Prostituiertenschutzgesetzes, eine umfassende Entkriminalisierung von Sexarbeit und ein Ende der gezielten polizeilichen Repressionen gegen trans* Sexarbeitende.

Wir fordern die adäquate Unterbringung und gesundheitliche Versorgung von trans* und abinären Personen in den deutschen Gefängnissen.

Wir fordern ein Ende der horrenden Erhöhungen von Polizei- und Bundeswehr-Etats und stattdessen eine Stärkung sozialer Strukturen wie Frauenschutzhäuser, Wohnungsloseneinrichtungen, Drogenberatungsstellen und Sozialpsychiatrischen Dienste, deren Kapazitäten niedrig sind, worunter vor allem trans*geschlechtliche Menschen, Migrant*innen, PoC und be_hinderte Personen leiden. Soziale Sicherheit und Unterstützung für die, die sie am meisten brauchen.

Inter* Rechte

Formuliert von Intersexuelle Menschen e.V. & Inter* in Niedersachsen (QNN)

Wir fordern:

  • Konsequente Umsetzung des Gesetzes zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e BGB) – Keine Eingriffe ohne informierte Einwilligung der intergeschlechtlichen Person selbst
  • Entschädigung und Rehabilitation von Menschen die von medizinisch nicht notwendigen medizinischen Maßnahmen betroffen waren
  • Strukturförderung für Selbstorganisationen intergeschlechtlicher Menschen
  • Schaffung von sanitären Anlagen, die einen Schutzraum für alle Menschen mit körperlichen Besonderheiten darstellen
  • Statistische Erhebung der tatsächlichen Anzahl der in Niedersachsen lebenden intergeschlechtlich geborenen Menschen
  • Vermittlung von geschlechtlicher Vielfalt in allen Bildungsbereichen (z.B.: frühkindliche Bildung, Schule, Hochschule, außerschulische Bildungseinrichtungen)
  • Erarbeitung von Lösungen für eine gleichberechtige Teilnahme von intergeschlechtlichen Menschen im Breitensport und im Leistungssport
  • Zeitnahe Schulung von Personal in Behörden und Ämtern über die aktuellen gesetzlichen Grundlagen (Änderungen des Personenstands, Namensänderungen etc.)
  • Schulung von Mitarbeiter*innen in allen gesundheitlichen Einrichtungen über die Verwendung von nicht pathologisierender Sprache im medizinischen Bereich
  • Gleichstellung intergeschlechtlicher Menschen im Arbeitsmarkt (inklusive entsprechender Stellenausschreibungen, Berücksichtigung bei der Arbeit von Gleichstellungsbeauftragten)
  • Gleichberechtigung aller Geschlechter in der medialen Präsenz
  • Berücksichtigung geschlechtlicher Vielfalt in geschriebenen und gesprochenen Texten
  • Ein zügiges Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes

Rechte queerer Geflüchteter

Formuliert von Queer Refugees Hannover

Wir fordern eine menschenwürdige Behandlung und Unterbringung von LSBTIQ+ Geflüchteten sowie eine bedarfsgerechte Finanzierung von Beratungs-, Wohn- und Hilfsangeboten.

Wir begrüßen, dass viele Städte, auch Hannover, Projekte zur sicheren Unterbringung queerer Geflüchteter geschaffen haben. Diese müssen erhalten bleiben und ausgebaut werden. Gleiches gilt für die finanzielle Unterstützung der Organisationen, die als Träger dieser Unterkünfte fungieren. Die Unterbringung muss dezentral erfolgen, da es bei einer separaten Unterbringung in einer Sammelunterkunft zum Zwangsouting und infolge dessen zu Diskriminierung kommen kann.

Verfolgung aufgrund von Homosexualität wird von der EU als Asylgrund anerkannt. Wegen ihrer Erfahrungen, aus Angst, Scham oder weil sie nicht wissen, dass sie es erwähnen dürfen, sprechen viele Geflüchtete in der Anhörung nicht darüber. Hinzu kommen grenzüberschreitende Fragen seitens des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Für die Anhörungen vor dem BAMF müssen kostenfreie, kompetente Sprachmittler*innen zur Verfügung stehen, die in LSBTIQ+ Themen geschult und sensibel sind. Asylsuchende dürfen nicht schon deshalb als unglaubwürdig eingestuft werden, weil sie bei der Glaubwürdigkeitsprüfung intime Aspekte ihres Lebens nicht offenbaren wollen. Entsprechende „Tests“ auf ihre sexuelle Orientierung lehnen wir ab.

Die medizinische, psychologische und psychosoziale Versorgung von Menschen ohne Aufenthaltsstatus ist dauerhaft sicherzustellen. Menschen, die mit Geflüchteten arbeiten (in Unterkünften, Behörden usw.), müssen für die Belange von LSBTIQ sensibilisiert und geschult sein.

Ein Staat, in dem LSBTIQ+ verfolgt werden oder in dem Homosexualität unter Strafe steht, kann kein sicheres Herkunftsland sein! Die Regelungen zu sogenannten sicheren Drittstaaten müssen im Hinblick auf Sicherheit für LSBTIQ+ und Frauen im Allgemeinen sowie im Hinblick auf eine notwendige medizinische Versorgung (z.B. von HIV-Positiven) überarbeitet werden.

 

 

Männer*, die Sex mit Männern* haben; Sexualität; HIV / AIDS

Formuliert von:

CheckPoint Hannover [Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit]
Yalla sawa [Projekt für Queere Geflüchtete]
SVeN- Schwule Vielfalt erregt Niedersachsen – Team Hannover [Primärpräventionsprojekt]

Kraftvoll positiv in Hannover [Empowerment- & Antidiskriminierungsprojekt]

 

Forderung 1:

Eine vielfältige Community ermöglichen!

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. (Artikel 3, Griundgesetz der Bundesrepublik Deutschland) Ebenfalls nicht wegen seiner sexuellen Orientierung oder einer Chronischen Erkrankung bzw. Behinderung, wie z.B. eine HIV-Infektion.

Wir fordern einen vorurteilsfreien und akzeptierenden Umgang, in der Gesellschaft, aber auch in unserer queeren Community untereinander!

 

Forderung 2:

Drogenkonsum entkriminalisieren – Gesundheit schützen!

Wir fordern eine Entkriminalisierung von drogengebrauchenden Menschen.

Zur Förderung der Gesundheit braucht es eine Ausweitung schadensminimierender Ansätze wie z.B. Drogenkonsumräume, Substitution und Drug-Check-Programme , auch in Justizvollzugsanstalten!

 

Forderung 3:

Stigmatisierung und Selbtstigmatisierung von HIVpositiven Menschen beenden!

HIV kann im alltäglichen Umgang nicht übertragen werden. Wir fordern dazu auf, irrationale Ängste durch Information aufzulösen und Menschen mit HIV mit Respekt und Akzeptanz zu begegnen.
HIVpositive Menschen rufen wir dazu auf, die Angst vor Ausgrenzung und Diskriminierung wegen der eigenen HIV-Infektion abzulegen und sich dem Thema der verinnerlichten HIV-Stigmatisierung zu stellen.

 

Forderung 4:

Sexuelle Gesundheit von sexuell aktiven Menschen fördern

Nur durch umfassende Aufklärung zur sexuellen Gesundheit und dem Ausbau von Informations- und Beratungsangeboten, kann die psycho-sexuelle Gesundheit insbesondere von vulnerablen Gruppen gefördert werden.
Vulnerable Gruppen sind insbesondere Männer*, die Sex mit Männern* haben, queere Menschen, Migrant*innen, drogengebrauchende Menschen,  Frauen und sexuell hochaktive Menschen allgemein.

Wir fordern die Politik auf, kostenfreie Testungen auf sexuell übertragbare Infektionen insbesondere für diese vulnerablen Gruppen in den CheckPoints und Aidshilfen zu ermöglichen.

 

Forderung 5:

Absicherung der Arbeit der CheckPoints und Aidshilfen!

Wir fordern vom Land Niedersachsen und von der Region Hannover die versprochene Sicherung der wertvollen Arbeit der CheckPoints und Aidshilfen in Hannover und Niedersachsen.

Dazu muss die beschlossene Kürzung des institutionellen Förderung zurückgenommen und eine verlässliche, langfristige, progressive Förderung zugesichert werden, die die tariflich vereinbarten Lohnanpassungen sowie die allgemeine Kostensteigerung ausgleicht. Ebenso fordern wir eine deutliche Vereinfachung der Beantragung und Bewilligung von Zuwendungen.

 

 

Lesbische* Identität

Formuliert von Dyke* March Hannover [Aktivistische Gruppe]

 

Mehr Sichtbarkeit der vielfältigen lesbischen* Identität

Lesbisches* Leben und damit lesbische* Sichtbarkeit hervorheben, denn je unsichtbarer wir sind, desto weniger Geltung haben wir in der Mehrheitsgesellschaft. Wir wollen, dass Lesben* in der Gesellschaft akzeptiert, stereotype Bilder von Lesben* aufgelöst werden und die vielfältige lesbische* Kultur in all ihren bunten Facetten authentisch gezeigt und zum Ausdruck gebracht wird.

Mehr lesbischer* Raum in der queeren Szene

Frauen* nehmt euch den Raum, seid sichtbar, vernetzt euch, zieht gemeinsam los, setzt ein Zeichen, steht für unsere Rechte ein und seid authentisch. Es gibt uns, wir wollen gesehen und gehört werden und uneingeschränkt akzeptiert werden.

Keine Gewalt gegen Lesben* und Frauen*

Wir stellen uns offen gegen physische und psychische Gewalt und fordern die ganze Gesellschaft dazu auf, hinzuschauen und bei der Wahrnehmung von Diskriminierung und Gewalt zu handeln. Solidarität zu zeigen ist ein wichtiges Mittel zur Gewaltprävention, deshalb sollten wir klare Signale senden, am Arbeitsplatz, auf der Straße, im privaten Umfeld und überall. Auch Beratungsstellen und Frauenhäuser sind wichtige Institutionen, die dringend Unterstützung benötigen.

Mehr Sichtbarkeit von Lesben* in Geschichte und Gegenwart 

Aus Mangel an Quellen, weil Frauen* aufgrund ihrer Unterdrückung selten namentlich Urheberin* eines veröffentlichten Textes waren, kommen sie in der Geschichte kaum vor. Doch es gab und gibt sie, als Ärztinnen*, Schriftstellerinnen*, Sexualwissenschaftlerinnen*, Sportlerinnen*, Sängerinnen*, Schauspielerinnen*, Wissenschaftlerinnen*, Intellektuelle*, etc.

Bessere Berichterstattung über Lesben* in Presse und Journalismus

Die Presse soll ein reales und positives Bild von Lesben* vermitteln. In Film, Fernsehen und Radio gibt es zu wenig lesbische* Vorbilder.

Reformierung des Abstammungsrechts

Gleichberechtigung bei Adoption

Besser zugängliche Reproduktionsmedizin

 

Queere Bildung

Formuliert von SCHLAU Hannover [Bildungs- und Aufklärungsprojekt]

 

Der Diskriminierung von queeren Menschen innerhalb unserer Gesellschaft muss durch eine aktive Aufklärungs- und Bildungspolitik entgegengewirkt werden. So fordern wir ein kontinuierliches Engagement des Niedersächsischen Landtags, Informationen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, fächerübergreifend und altersgerecht in Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien aufzunehmen. Gleichzeitig muss queere Bildung als Teil umfassender Menschenrechtsbildung in pädagogischen Aus- und Fortbildungsrichtlinien verankert werden, um vorurteils- und diversitätsbewusste Haltungen zu fördern. Unsere Lehrkräfte sind dafür verantwortlich, dass alle Schüler*innen, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechteridentität, in ihrer Entwicklung unterstützt und im Schulalltag nicht diskriminiert werden. Den zunehmenden queerfeindlichen Haltungen und Aussagen in unserer Gesellschaft und in den Schulen muss deutlicher widersprochen werden, damit die Ablehnung nicht in den Alltag übergreift und dort in gewalttätigen Handlungen eskaliert.

Dazu braucht es Lern- und Reflexionsräume, in der queere Geschichten erzählt und gehört werden können, um Jugendliche für Diskriminierung zu sensibilisieren. Wir fordern deshalb die nachhaltige Förderung von Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekten wie SCHLAU.

Das niedersächsische Schulgesetz legt fest, dass Schüler*innen befähigt werden sollen, ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten. Wir fordern, dass dieser Bildungsauftrag im schulischen Alltag konsequent umgesetzt wird, damit Schule zu einem sicheren Ort für alle wird.

 

 

Jugend

Formuliert von QueerUnity [Hannovers Queeres Jugendzentrum]

Förderung von Vielfalt – Ausgrenzung bekämpfen!

Die Ablehnung nicht heteronormativer Lebensweisen ist trotz aller gesetzlichen Fortschritte weiterhin ein Problem in unserer Gesellschaft, dessen Bekämpfung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Initiativen hierzu auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene müssen in Gang gesetzt, fortgeführt und auch in Zukunft finanziell angemessen ausgestattet werden. Aber nicht nur der Staat, sondern alle gesellschaftlichen Institutionen – Stiftungen, Unternehmen, Schulen, Medien, Verbände usw. – müssen sich daran beteiligen und die Akzeptanz aktiv fördern. Insbesondere junge queere Menschen brauchen während der nach wie vor schwierigen Phase des Coming-Outs Unterstützung durch öffentliche Einrichtungen. Diese Vereine, Institutionen und Träger benötigen eine solide finanzielle Grundlage, um ihre Aufgaben in vollem Umfang erfüllen zu können.

Implementierung von queeren Themen in sozialen Ausbildungsberufen und Studiengängen als Pflichtmodul

Die Mehrzahl der angehenden Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit, Lehrer:innen, Erzieher:innen, etc. erfahren in ihren Ausbildungs- oder Studienjahren kaum etwas zu queeren Lebensweisen. Vielfalt und queere Identitäten müssen fest im Curriculum sozialer Berufe verankert werden. Die Konzepte der Kinder- und Jugendhilfe, Kitas, etc. sind weitestgehend binär-heteronormativ ausgelegt. Fachkräfte müssen dazu befähigt werden, auch queere Lebensweisen in Konzepten und in der Praxis mitzudenken.

 

Regenbogenfamilien

Formuliert von Juliane Steeger, Queerbeauftragte der Landeshauptstadt Hannover

Trotz der Einführung der „Ehe für alle“ besteht noch Nachholbedarf im Familienrecht.

Für Kinder, die in einer heterosexuellen Ehe geboren werden, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch die Elternschaft bzw. die Vaterschaft von Kindern eindeutig. Das BGB legt fest, dass der Vater eines Kindes ist, wer mit der Mutter verheiratet ist; auch wenn die Ehefrau zum Beispiel durch eine künstliche Befruchtung mit fremder DNA schwanger geworden ist. Für Kinder in lesbischen Ehen gelten diese Regelungen nicht. In lesbischen Ehen müssen nicht biologische Mütter eine Stiefkindadoption durchführen, um das Sorgerecht für ihr eigenes soziales Kind zu bekommen und dabei einen teilweise erniedrigenden Prozess auf sich nehmen.

Diese Ungleichbehandlung ist eine strukturelle Diskriminierung per Gesetz und muss beseitigt werden.

Außerdem müssen zusätzlich Regelungen geschaffen werden um mehr als zwei Personen gleichzeitig die Elternschaft zu ermöglichen. Die rechtlichen Belange von (queeren) Patchwork Familien und Mehrelternschaft ist gesetzlich nicht anerkannt und geregelt. Es werden immer nur zwei (meist die biologischen) Elternteile eingetragen. Das bildet nicht die soziale Situation von Familien in Deutschland ab.

 

Ältere LSBTIQ

Formuliert vom Andersraum e.V.

Status in der Gesellschaft

Sichtbarkeit und Akzeptanz in der Gesellschaft herstellen

Offenheit für die ältere LSBTIQ-Community schaffen

Berücksichtigung in Politik und politischen Entscheidungen einfordern

Wertschätzung für queeres Leben im Alter entwickeln

Einbeziehung in gesellschaftliches Leben organisieren

 

Leben in Stadt und Land

Vernetzung ermöglichen

Kulturelle – und Bildungsbedürfnisse berücksichtigen

Ältere LSBTIQ besonders bei Mobilitätsfragen berücksichtigen

Spezifische kulturelle Angebote anbieten

 

Gesundheit

Spezifische Fragen der Gesundheit identifizieren

Austausch in der queeren Community herstellen

Unterstützungsangebote organisieren

Queersensible Angebote entwickeln

Menschen mit Beeinträchtigungen berücksichtigen

 

Liebe

Liebe und Sexualität thematisieren und enttabuisieren

Plattformen für Begegnung schaffen

Menschen mit Beeinträchtigungen ansprechen

 

Freizeit

Gruppen und Vernetzung anbieten

Kulturelle Aktionen anbieten

Angebote für Sport und Bewegung sicherstellen

Körperliche Beeinträchtigung berücksichten

 

Wohnen

Gemeinschaftliches Wohnen entwickeln

Unterstützungsangebote sicherstellen

Plattformen für gemeinsames Wohnen (WG-Suche) anbieten

Körperliche Beeinträchtigung berücksichten

 

Pflege

Queersensible Pflegeeinrichten bzw. -angebote entwickeln

Qualifizierung für Pflegekräfte anbieten

Gegenseitige Unterstützungsmöglichkeiten schaffen

Gemeinsames Wohnen für häusliche Pflege anbieten

Körperliche Beeinträchtigung berücksichten

 

Sterben

Kliniken und Hospize für LSBTIQ-Menschen sensibilisieren

Spezifischen Angebote der Sterbebegleitung schaffen

Trauer- und Bestattungsbegleitung berücksichtigen

 

Gleichbehandlung von Menschen in der Sexarbeit

Formuliert von Phoenix e.V.

Die Ungleichbehandlung der Menschen in der Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigen sorgt weiterhin für Stigmatisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung aller Sexarbeiter*innen. Das Prostitutionsgesetz von 2002 war ein Schritt in die richtige Richtung. Seitdem ist Sexarbeit nicht mehr sittenwidrig und der Lohn einer erbrachten Dienstleistung kann eingeklagt werden. Aber die Anerkennung von Sexarbeit als Arbeit fehlt trotzdem. Das Prostituiertenschutzgesetz von 2017 allerdings führt zu einer weiteren Stigmatisierung von Sexarbeiter*innen, da sie sich einem entmündigenden Anmeldeverfahren unterziehen müssen und einen Ausweis mit sich führen, der zeigt, dass sie der Sexarbeit nachgehen. Wer entscheidet, den Prostituiertenausweis nicht zu beantragen und sexuelle Dienstleistungen anbietet, hat mit Bußgeldern und Kriminalisierung zu rechnen. Dies hat nichts mit sozialer und rechtlicher Gleichstellung zu tun. Es führt auf keinen Fall zur Wertschätzung, Akzeptanz und Anerkennung dieser Berufsgruppe, obgleich in Deutschland das Recht auf freie Berufswahl im Grundgesetzt verankert ist Art 12 Absatz 1 GG und somit auch Menschen in der Sexarbeit dieses Recht zusteht. Um die Gleichstellung von Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigkeiten zu erreichen, braucht es einerseits Aufklärung in allen Bevölkerungsschichten, um Entstigmatisierung und Antidiskriminierung voran zu treiben.  Andererseits zur Entkriminalisierung braucht es Nachbesserung von gesetzlichen Rahmenbedingungen. Des Weiteren sind unsachliche und emotionsgeladene Debatten über ein Sexkaufverbot nicht förderlich für den Abbau von Diskriminierung und Ausgrenzung.

 

  1. Wir fordern die Entkriminalisierung der Sexarbeit und Entstigmatisierung der Sexarbeiter*innen.
  2. Wir fordern die rechtliche und soziale Gleichstellung von Sexarbeitenden mit anderen Erwerbstätigen.
  3. Wir fordern die dauerhafte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter*innen.
  4. Wir fordern den Ausbau der Gesundheitsversorgung für Menschen in der Sexarbeit.

 

Sport

Formuliert von SLS Leinebagger e.V.

Viele LSBTIQ*-Menschen sind in Sportvereinen aktiv. Nicht alle von ihnen nutzen dabei die Angebote aus der queeren Community, da diese auch nicht flächendeckend vorhanden sind. In vielen Fällen ist es so, dass LSBTIQ*-Menschen, die im hetero-normativen Breitensport oder auch Fitnessstudios aktiv sind, sich anderen gegenüber nicht outen aus Angst vor Diskriminierung.

Trans- und intergeschlechtliche Menschen haben meist noch höhere Hürden zu meistern, da viele Sporteinrichtungen wenig bis gar nicht auf ihre besonderen Bedürfnisse eingestellt sind. Trans- und intergeschlechtliche Menschen haben oft Hemmungen sich in Sportvereinen und Gruppen zu beteiligen. Dies liegt zum Teil daran, dass die Sportstätten nicht für ihre Bedürfnisse ausgelegt sind. Wir fordern die Umsetzung von baulichen Maßnahmen, wie adäquate Umkleiden, Dusch- und WC-Anlagen, um auch trans- und intergeschlechtlichen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich im Sport frei entfalten zu können.

Trainer:innen und Vorstände von Vereinen sind häufig nicht für die Bedürfnisse von LSBTIQ*-Menschen sensibilisiert. Nicht nur, allerdings gerade im Bereich Jugend und Sport ist hier jedoch ein gewisses Gefühl für die unterschiedlichen Lebensweisen unabdingbar. Wir fordern, dass Weiterbildungen zu den Themen “sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ für Trainer:innen und Vorstände verpflichtend werden.

Im November 2020 wurden auf der Sportministerkonferenz (SMK) verschiedene Beschlüsse mit weitreichenden Empfehlungen zum Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt gefasst. Wir fordern, dass diese Empfehlungen der SMK für alle Sportvereine und -verbände in Niedersachsen verpflichtend werden.