Wir fordern...

Der CSD ist eine politische Demonstration, bei der spezifische Forderungen erhoben werden.

Unsere Forderungen für den CSD Hannover 2022

Der CSD.Hannover ist eine Plattform zur gemeinsamen Erhebung politischer Forderungen. Queere Communitys sind vielfältig und genauso vielfältig sind ihre Themen. Auch wenn beim CSD queere Themen im Vordergrund stehen, können diese nicht verstanden werden, ohne auch über andere Dimensionen von Diskriminierung zu sprechen, z.B. Rassismus, Misogynie, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Klassismus, Armut, Be_hindertenfeindlichkeit und viele mehr. Kein Mensch ist nur queer oder nicht queer, alle anderen Kategorien kommen ebenfalls vor und erzeugen in ihrer Verwobenheit eine je eigene Art von Diskriminierung und/oder Privilegierung. Das versuchen wir in den hier artikulierten Forderungen deutlich zu machen. Wir als CSD-Team haben einige Gruppen und Organisationen gebeten, ihre Forderungen aufzuschreiben. Nicht alle angefragten Gruppen hatten die Kapazitäten, sich zu beteiligen. Dafür haben wir volles Verständnis. Umso dankbarer sind wir denen, die es geschafft haben. Widerspruch und Ergänzungen zu den hier formulierten Forderungen sind immer willkommen!

Grundsätzliches

Formuliert vom LSVD Niedersachsen-Bremen

 

Artikel 3 GG ergänzen

In Artikel 1 Grundgesetz heißt es: „Alle Menschen sind gleich“. Die Konkretisierungen im Diskriminierungsverbot und Gleichstellungsgebot finden sich in Artikel 3 unserer Verfassung. Homosexuelle wurden als einzige Opfergruppe der Nationalsozialisten 1949 hier bewusst nicht aufgenommen. Lange hatten schwule Männer und lesbische Frauen im demokratischen Nachkriegsdeutschland darunter zu leiden. Diesen Missstand gilt es zu korrigieren! Deshalb muss Artikel 3 Absatz 3 um das Merkmal der geschlechtlichen und sexuellen Identität ergänzt werden, denn nur das Grundgesetz bietet den universellen und unveränderbaren Schutz.

 

Hasskriminalität bekämpfen

Queerfeindliche Hasskriminalität ist bis heute nicht ausdrücklich im Gesetz benannt. Hier ist zu befürchten, dass dieses Motiv in der Praxis der polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen und damit auch bei der Strafzumessung wenig Beachtung findet. Wir fordern queerfeindliche Hasskriminalität im Strafgesetz zu verankern und somit die Grundlage für die entsprechenden Strafzumessungen zu schaffen.

 

Trans* Rechte

Formuliert von Mine Wenzel

 

Vor gerade einmal 11 Jahren wurde die vorgeschriebene Zwangssterilisation als Voraussetzung der rechtlichen Anerkennung von trans* und abinären Personen abgeschafft. Doch noch immer besteht ein enges, gesetzliches und medizinisches Korsett für Menschen jenseits der zweigeschlechtlichen endo und cis Norm.

Noch immer werden jährlich bis zu 1500 inter*Personen zwischen 0 und 9 Jahren medizinisch nicht notwendigen Operationen unterzogen, um ihre Körper gewaltvoll zu „normalisieren“.

Noch immer müssen sich trans*, inter* und abinäre Personen erniedrigenden Gutachten und pathologisierenden Diagnosestellungen unterziehen.

Noch immer gelten Selbstbestimmung, freie Entfaltung der Persönlichkeit und Wahrung der Menschenwürde in der Bundesrepublik nur für Menschen, die cis, endo, weiß, non-disabled und finanziell gut abgesichert sind.

Noch immer streitet sich unsere Regierung darüber, ob wir überhaupt existieren, während wir eigentlich Zugang zu Bildung, Arbeit, sozialer Sicherheit und Gesundheit brauchen, statt paternalisierende Gesetze, die uns vielleicht als Ausnahmeregelung dulden.

Nach wie vor ist das sogenannte „Transsexuellengesetz“, als Mittel zur rechtlichen Anerkennung von trans* und abinären Personen in Kraft, auch wenn seine Bestimmungen durch eine Vielzahl an Verfahren bereits mehrfach für verfassungswidrig erklärt wurden. Darüber hinaus gilt seit letzten Jahr eine neue Begutachtungsanleitung des Medizinischen Dienstes, die sich auf anachronistische Weise gegen aktuelle Erkenntnisse der medizinischen und wissenschaftlichen Fachgesellschaften stellt und trans* und abinäre Menschen in der gesundheitlichen Versorgung weiter entrechtet.

Hinzu kommt, dass die Änderung des Geschlechtseintrages für inter*Personen mit der Einführung des Paragraphen 45b PStG zwar möglich, aber gleichzeitig noch immer an eine erniedrigende Atteststellung gebunden ist.

 

Doch auch neben Fragen der Transition oder der rechtlichen Anerkennung unserer Geschlechter werden uns Zugänge zu den Ressourcen dieser Gesellschaft verwehrt und wir werden wir von medizinischer Versorgung ausgeschlossen.

Letztlich sind es vor allem die Schwächsten und unsichtbarsten aus unseren Communities, die zusätzlich Rassismus, Antisemitismus, Klassismus und Ableismus erfahren die das am härtesten trifft: trans*Personen ohne gesicherten Aufenthaltstitel, trans*Personen im Knast, wohnungslose FLINTA, Sexarbeitende, arme und/oder geflüchtete trans*, inter* und abinäre Personen erfahren nicht nur die volle Breitseite mehrheitsgesellschaftlicher Verachtung, sondern ihnen wird auch in unseren eigenen Communities noch immer zu oft der Zutritt verwehrt.

 

Wir fordern:

 

Die Abschaffung des TSG.

Die umfassende Entpathologisierung jeglicher Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags.

Die Abschaffung der Personenstandseintragung durch Geschlechtszuweisung bei Geburt.

Ein Recht aufs eigene Geschlecht, nach argentinischem Vorbild, mit gesetzlich verankerter Finanzierung für selbstgewählte Transitionsmaßnahmen.

Eine Reform des Sozialgesetzbuches und eine Abschaffung des Zwangsapparates aus Krankenkassen und Medizinischen Diensten.

Eine Entschädigung für  vergangene Zwangssterilisationen  und medizinisch nicht-notwendige Eingriffe an trans*, inter und abinären Personen

Wir fordern eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und einen uneingeschränkten Zugang zum deutschen Gesundheitssystem für Geflüchtete, sowie einen hürdenlosen Zugang zu Transitionsmaßnahmen für trans*Refugees.

Wir fordern die adäquate Unterbringung und gesundheitliche Versorgung von trans* und abinären Personen in den deutschen Gefängnissen.

Wir fordern eine Öffnung der Frauenschutzhäuser. Wohnungsloseneinrichtungen und Drogenberatungsstellen für trans*, inter* und abinäre Personen oder die Zurverfügungstellung ausreichender Alternativangebote zu bestehenden Möglichkeiten um allen die soziale Sicherheit und die Unterstützung zukommen zu lassen, die auf sie angewiesen sind.

Wir fordern die Abschaffung des sogenannten Prostituiertenschutzgesetzes, eine umfassende Entkriminalisierung von Sexarbeit und ein Ende der gezielten polizeilichen Repressionen gegen trans* Sexarbeitende.

Wir fordern die verpflichtende Einführung von Sensibilisierung und Aufklärung zu geschlechtlicher Diversität in universitären Curricula und der therapeutischen Ausbildung.Wir fordern die verpflichtende Einführung von Sensibilisierung und Aufklärung zu geschlechtlicher Diversität in universitären Curricula und der therapeutischen Ausbildung.

 

 

Inter* Rechte

Formuliert von Intergeschlechtliche Menschen Landesverband Niedersachsen e.V. & der Landeskoordination Inter* im Queeren Netzwerk Niedersachsen e.V. (QNN)

  • Wir fordern die sprachliche Berücksichtigung aller Geschlechter und eine zeitgemäße Rechtsgrundlage für geschlechtergerechte Sprache.
  • Wir fordern den flächendeckenden Ausbau von Aufklärungs- und Beratungsangeboten für intergeschlechtliche Menschen und deren Angehörige.
  • Wir fordern die Schaffung verbindlicher medizinischer „Standards of Care“ unter Einbezug intergeschlechtlicher Personen und deren Organisationen.
  • Wir fordern ein Ende der nicht lebens- oder gesundheitsnotwendigen Eingriffe ohne informierte Einwilligung der betroffenen Menschen selbst.
  • Wir fordern, dass die medizinischen Maßnahmen der Vergangenheit und deren Folgen als Unrecht anerkannt und die Betroffenen finanziell entschädigt werden.
  • Wir fordern eine zeitnahe Schulung von Personal in Behörden und Ämtern über die aktuellen gesetzlichen Grundlagen (Änderungen des Personenstands, Namensänderungen, etc.)
  • Wir fordern die Aufklärung und Schulung von medizinischem Personal zum Thema Intergeschlechtlichkeit (z.B. zum Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der geschlechtlichen Entwicklung und der S2k-Leitlinie „Varianten der Geschlechtsentwicklung“).
  • Wir fordern Änderungen im Baurecht, damit sanitäre Anlagen, die einen Schutzraum für Menschen mit körperlichen Besonderheiten darstellen, zum Standard werden.
  • Wir fordern die Vermittlung von geschlechtlicher Vielfalt in allen Bildungsbereichen.
  • Wir fordern die Erarbeitung von Lösungen für eine gleichberechtige Teilnahme von intergeschlechtlichen Menschen im Breiten- und Leistungssport.

 

Rechte queerer Geflüchteter

Formuliert von Queer Refugees Hannover

Wir fordern eine menschenwürdige Behandlung und Unterbringung von LSBTIQ+ Geflüchteten sowie eine bedarfsgerechte Finanzierung von Beratungs-, Wohn- und Hilfsangeboten.

Wir begrüßen, dass viele Städte, auch Hannover, Projekte zur sicheren Unterbringung queerer Geflüchteter geschaffen haben. Diese müssen erhalten bleiben und ausgebaut werden. Gleiches gilt für die finanzielle Unterstützung der Organisationen, die als Träger dieser Unterkünfte fungieren. Die Unterbringung muss dezentral erfolgen, da es bei einer separaten Unterbringung in einer Sammelunterkunft zum Zwangsouting und infolge dessen zu Diskriminierung kommen kann.

Verfolgung aufgrund von Homosexualität wird von der EU als Asylgrund anerkannt. Wegen ihrer Erfahrungen, aus Angst, Scham oder weil sie nicht wissen, dass sie es erwähnen dürfen, sprechen viele Geflüchtete in der Anhörung nicht darüber. Hinzu kommen grenzüberschreitende Fragen seitens des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Für die Anhörungen vor dem BAMF müssen kostenfreie, kompetente Sprachmittler*innen zur Verfügung stehen, die in LSBTIQ+ Themen geschult und sensibel sind. Asylsuchende dürfen nicht schon deshalb als unglaubwürdig eingestuft werden, weil sie bei der Glaubwürdigkeitsprüfung intime Aspekte ihres Lebens nicht offenbaren wollen. Entsprechende „Tests“ auf ihre sexuelle Orientierung lehnen wir ab.

Die medizinische, psychologische und psychosoziale Versorgung von Menschen ohne Aufenthaltsstatus ist dauerhaft sicherzustellen. Menschen, die mit Geflüchteten arbeiten (in Unterkünften, Behörden usw.), müssen für die Belange von LSBTIQ sensibilisiert und geschult sein.

Ein Staat, in dem LSBTIQ+ verfolgt werden oder in dem Homosexualität unter Strafe steht, kann kein sicheres Herkunftsland sein! Die Regelungen zu sogenannten sicheren Drittstaaten müssen im Hinblick auf Sicherheit für LSBTIQ+ und Frauen im Allgemeinen sowie im Hinblick auf eine notwendige medizinische Versorgung (z.B. von HIV-Positiven) überarbeitet werden.

 

Männer*, die Sex mit Männern* haben; Sexualität; HIV / AIDS

Formuliert von:

CheckPoint Hannover [Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit]
Yalla sawa [Projekt für Queere Geflüchtete]
s*ven – Sexuelle Vielfalt erregt Niedersachsen – Team Hannover [Primärpräventionsprojekt]

Kraftvoll positiv in Hannover [Empowerment- & Antidiskriminierungsprojekt]

 

Forderung 1 – an die LSBTIQ*- Communities in Hannover:

Klischees und Vorurteile zu Sex zwischen Männern*, die Sex mit Männern* haben [M*SM*], gegenüber Sexworker*Innen, Geflüchtete/ Migrant*Innen, Menschen mit Beeinträchtigungen/Behinderungen, Drogengebraucher*Innen, HIV-positive und PrEP-User*innen existieren auch in LSBTIQ*-Communities. Es finden aufgrund von Aussehen, Alter, sexuellen Vorlieben, HIV oder anderer Merkmalen Ausgrenzungen statt.

Wir fordern mehr Akzeptanz in den LSBTIQ*- Communities/-Szenen untereinander und rufen dazu auf, stigmatisierendes Schubladendenken und ausgrenzendes Verhalten abzulegen, sich kritisch mit antiquierten sexualmoralischen Vorstellungen auseinanderzusetzen und M*SM* vorurteilsfrei in Bezug auf ihre Lebensweisen und sexuellen Handlungen zu begegnen! Vielfalt ist mehr als nur sexy! Vielfalt ist unsere Zukunft!

 

Forderung 2 – an die heteronormative Gesellschaft aus der Landeshauptstadt Hannover:

Nur ein offener und selbstbewusster Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität kann zu adäquatem HIV/STI-Testverhalten führen, das sich wiederum auf dem Gebiet der sexuellen Gesundheit als ein Gewinn für das allgemeine Gesundheitssystem auswirken kann.

Wir fordern die heteronormative Gesellschaft auf, andere sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten anzuerkennen und einen wertschätzenden Umgang zu LSBTIQ*- Personen zu suchen. Wir rufen dazu auf, sich dem Thema queer* zu öffnen und die eigenen Einstellungen zu reflektieren, Ängste abzubauen und den Fakt anzuerkennen, dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist. Dies führt zum Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung!

 

Forderung 3 – an die kommunale und landesweite Politik in Hannover und Niedersachsen:

Nur durch umfassende Aufklärungsarbeit und Informationsweitergabe zu HIV/STI , hinreichende und niedrigschwellige Zugänge zu Beratungen, Testungen, Behandlungen, Safer Sex und Safer-Use-Materialien, können Infektionszahlen weiter reduziert werden.
Wir fordern die Politik auf, sich für kostenfreie Testungen und HIV/STI einzusetzen und Drogengebrauchende zu entkriminalisieren.
Die Hannöversche Aidshilfe e. V. / CheckPoint Hannover engagiert sich wie alle CheckPoints und Aidshilfen seit Anfang der 1980er Jahre im Rahmen der strukturellen Prävention für die Interessen der queeren* Community und gegen Diskriminierung. Queere* Szenestrukturen wurden und werden von uns maßgeblich mit aufgebaut. Als optimal vernetzte und stabile Organisation wollen und werden wir dieses Engagement weiter fortführen und fordern zu diesem Zweck eine progressive Förderung.

 

Forderung 4 – für ein selbstverständlich positives Leben mit HIV in und um Hannover:

Alte Bilder zu HIV sind ein Stigmatisierungsgarant, das im Jahr 2022 nicht mehr zeitgemäß ist und auch nicht länger aufrechterhalten bleiben darf.
HIV-positive Menschen sind aufgefordert, sich mit der eigenen HIV-Infektion reflektiert auseinander zu setzen, die Scham und das gesellschaftliche Stigma abzustreifen und einen selbstverständlichen Umgang mit der eigenen HIV-Infektion zu leben. Nur so kann verinnerlichtes Selbststigma, HIV-bedingte Stigmatisierung und Diskriminierung ein Ende finden und ein kraftvoll positives Leben mit HIV ohne Angst, ohne Scham und ohne Verstecken stattfinden.

 

 

Lesbische* Identität

Formuliert von Dyke* March Hannover [Aktivistische Gruppe]

  1. Wir fordern mehr Sichtbarkeit der vielfältgen lesbischen Identität
  2. Wir fordern ein gewaltfreies Leben von Lesben und Frauen.
  3. Wir fordern bessere Berichterstattung über Lesben in Presse und Journalismus
  4. Wir fordern eine stabile Förderung von lesbischen Projekten
  5. Wir fordern mehr lesbischen Raum in der queeren Szene.

 

Mehr Sichtbarkeit der vielfältigen lesbischen* Identität

Lesbisches* Leben und damit lesbische* Sichtbarkeit hervorheben, denn je unsichtbarer wir sind, desto weniger Geltung haben wir in der Mehrheitsgesellschaft. Wir wollen, dass Lesben* in der Gesellschaft akzeptiert, stereotype Bilder von Lesben* aufgelöst werden und die vielfältige lesbische* Kultur in all ihren bunten Facetten authentisch gezeigt und zum Ausdruck gebracht wird.

Mehr lesbischer* Raum in der queeren Szene

Frauen* nehmt euch den Raum, seid sichtbar, vernetzt euch, zieht gemeinsam los, setzt ein Zeichen, steht für unsere Rechte ein und seid authentisch. Es gibt uns, wir wollen gesehen und gehört werden und uneingeschränkt akzeptiert werden.

Keine Gewalt gegen Lesben* und Frauen*

Wir stellen uns offen gegen physische und psychische Gewalt und fordern die ganze Gesellschaft dazu auf, hinzuschauen und bei der Wahrnehmung von Diskriminierung und Gewalt zu handeln. Solidarität zu zeigen ist ein wichtiges Mittel zur Gewaltprävention, deshalb sollten wir klare Signale senden, am Arbeitsplatz, auf der Straße, im privaten Umfeld und überall. Auch Beratungsstellen und Frauenhäuser sind wichtige Institutionen, die dringend Unterstützung benötigen.

Mehr Sichtbarkeit von Lesben* in Geschichte und Gegenwart 

Aus Mangel an Quellen, weil Frauen* aufgrund ihrer Unterdrückung selten namentlich Urheberin* eines veröffentlichten Textes waren, kommen sie in der Geschichte kaum vor. Doch es gab und gibt sie, als Ärztinnen*, Schriftstellerinnen*, Sexualwissenschaftlerinnen*, Sportlerinnen*, Sängerinnen*, Schauspielerinnen*, Wissenschaftlerinnen*, Intellektuelle*, etc.

Bessere Berichterstattung über Lesben* in Presse und Journalismus

Die Presse soll ein reales und positives Bild von Lesben* vermitteln. In Film, Fernsehen und Radio gibt es zu wenig lesbische* Vorbilder.

Reformierung des Abstammungsrechts

Gleichberechtigung bei Adoption

Besser zugängliche Reproduktionsmedizin

 

Queere Bildung

Formuliert von SCHLAU Hannover [Bildungs- und Aufklärungsprojekt]

 

Der Diskriminierung von queeren Menschen innerhalb unserer Gesellschaft muss durch eine aktive Aufklärungs- und Bildungspolitik entgegengewirkt werden. So fordern wir ein kontinuierliches Engagement des Niedersächsischen Landtags, Informationen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, fächerübergreifend und altersgerecht in Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien aufzunehmen. Gleichzeitig muss queere Bildung als Teil umfassender Menschenrechtsbildung in pädagogischen Aus- und Fortbildungsrichtlinien verankert werden, um vorurteils- und diversitätsbewusste Haltungen zu fördern. Unsere Lehrkräfte sind dafür verantwortlich, dass alle Schüler*innen, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechteridentität, in ihrer Entwicklung unterstützt und im Schulalltag nicht diskriminiert werden. Gerade homo- und trans*feindlichen Aussagen muss deutlicher widersprochen werden, damit die Ablehnung nicht in den Alltag übergreift und dort in gewalttätigen Handlungen eskaliert.

Dazu braucht es Lern- und Reflexionsräume, in der queere Geschichten erzählt und gehört werden können, um Jugendliche für Diskriminierung zu sensibilisieren. Wir fordern deshalb die nachhaltige Förderung von Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekten wie SCHLAU.

Das niedersächsische Schulgesetz legt fest, dass Schüler*innen befähigt werden sollen, ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit, der Solidarität und der Toleranz sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten. Wir fordern, dass dieser Bildungsauftrag im schulischen Alltag konsequent umgesetzt wird, damit Schule zu einem sicheren Ort für alle wird.

 

 

Jugend

Formuliert von QueerUnity [Hannovers Queeres Jugendzentrum]

Förderung von Vielfalt – Ausgrenzung bekämpfen!

Die Ablehnung nicht heteronormativer Lebensweisen ist trotz aller gesetzlichen Fortschritte weiterhin ein Problem in unserer Gesellschaft, dessen Bekämpfung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Initiativen hierzu auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene müssen in Gang gesetzt, fortgeführt und auch in Zukunft finanziell angemessen ausgestattet werden. Aber nicht nur der Staat, sondern alle gesellschaftlichen Institutionen – Stiftungen, Unternehmen, Schulen, Medien, Verbände usw. – müssen sich daran beteiligen und die Akzeptanz aktiv fördern. Insbesondere junge queere Menschen brauchen während der nach wie vor schwierigen Phase des Coming-Outs Unterstützung durch öffentliche Einrichtungen. Diese Vereine, Institutionen und Träger benötigen eine solide finanzielle Grundlage, um ihre Aufgaben in vollem Umfang erfüllen zu können.

Implementierung von queeren Themen in sozialen Ausbildungsberufen und Studiengängen als Pflichtmodul

Die Mehrzahl der angehenden Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit, Lehrer:innen, Erzieher:innen, etc. erfahren in ihren Ausbildungs- oder Studienjahren kaum etwas zu queeren Lebensweisen. Vielfalt und queere Identitäten müssen fest im Curriculum sozialer Berufe verankert werden. Die Konzepte der Kinder- und Jugendhilfe, Kitas, etc. sind weitestgehend binär-heteronormativ ausgelegt. Fachkräfte müssen dazu befähigt werden, auch queere Lebensweisen in Konzepten und in der Praxis mitzudenken.

 

Regenbogenfamilien

Formuliert von Juliane Steeger, Queerbeauftragte der Landeshauptstadt Hannover

Trotz der Einführung der „Ehe für alle“ besteht noch Nachholbedarf im Familienrecht.

Für Kinder, die in einer heterosexuellen Ehe geboren werden, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch die Elternschaft bzw. die Vaterschaft von Kindern eindeutig. Das BGB legt fest, dass der Vater eines Kindes ist, wer mit der Mutter verheiratet ist; auch wenn die Ehefrau zum Beispiel durch eine künstliche Befruchtung mit fremder DNA schwanger geworden ist. Für Kinder in lesbischen Ehen gelten diese Regelungen nicht. In lesbischen Ehen müssen nicht biologische Mütter eine Stiefkindadoption durchführen, um das Sorgerecht für ihr eigenes soziales Kind zu bekommen und dabei einen teilweise erniedrigenden Prozess auf sich nehmen.

Diese Ungleichbehandlung ist eine strukturelle Diskriminierung per Gesetz und muss beseitigt werden.

Außerdem müssen zusätzlich Regelungen geschaffen werden um mehr als zwei Personen gleichzeitig die Elternschaft zu ermöglichen. Die rechtlichen Belange von (queeren) Patchwork Familien und Mehrelternschaft ist gesetzlich nicht anerkannt und geregelt. Es werden immer nur zwei (meist die biologischen) Elternteile eingetragen. Das bildet nicht die soziale Situation von Familien in Deutschland ab.

 

Ältere LSBTIQ

Formuliert vom Andersraum e.V.

Status in der Gesellschaft

Sichtbarkeit und Akzeptanz in der Gesellschaft herstellen

Offenheit für die ältere LSBTIQ-Community schaffen

Berücksichtigung in Politik und politischen Entscheidungen einfordern

Wertschätzung für queeres Leben im Alter entwickeln

Einbeziehung in gesellschaftliches Leben organisieren

 

Leben in Stadt und Land

Vernetzung ermöglichen

Kulturelle – und Bildungsbedürfnisse berücksichtigen

Ältere LSBTIQ besonders bei Mobilitätsfragen berücksichtigen

Spezifische kulturelle Angebote anbieten

 

Gesundheit

Spezifische Fragen der Gesundheit identifizieren

Austausch in der queeren Community herstellen

Unterstützungsangebote organisieren

Queersensible Angebote entwickeln

Menschen mit Beeinträchtigungen berücksichtigen

 

Liebe

Liebe und Sexualität thematisieren und enttabuisieren

Plattformen für Begegnung schaffen

Menschen mit Beeinträchtigungen ansprechen

 

Freizeit

Gruppen und Vernetzung anbieten

Kulturelle Aktionen anbieten

Angebote für Sport und Bewegung sicherstellen

Körperliche Beeinträchtigung berücksichten

 

Wohnen

Gemeinschaftliches Wohnen entwickeln

Unterstützungsangebote sicherstellen

Plattformen für gemeinsames Wohnen (WG-Suche) anbieten

Körperliche Beeinträchtigung berücksichten

 

Pflege

Queersensible Pflegeeinrichten bzw. -angebote entwickeln

Qualifizierung für Pflegekräfte anbieten

Gegenseitige Unterstützungsmöglichkeiten schaffen

Gemeinsames Wohnen für häusliche Pflege anbieten

Körperliche Beeinträchtigung berücksichten

 

Sterben

Kliniken und Hospize für LSBTIQ-Menschen sensibilisieren

Spezifischen Angebote der Sterbebegleitung schaffen

Trauer- und Bestattungsbegleitung berücksichtigen

 

Gleichbehandlung von Menschen in der Sexarbeit

Formuliert von Phoenix e.V.

Die Ungleichbehandlung der Menschen in der Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigen sorgt weiterhin für Stigmatisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung aller Sexarbeiter*innen. Das Prostitutionsgesetz von 2002 war ein Schritt in die richtige Richtung. Seitdem ist Sexarbeit nicht mehr sittenwidrig und der Lohn einer erbrachten Dienstleistung kann eingeklagt werden. Aber die Anerkennung von Sexarbeit als Arbeit fehlt trotzdem. Das Prostituiertenschutzgesetz von 2017 allerdings führt zu einer weiteren Stigmatisierung von Sexarbeiter*innen, da sie sich einem entmündigenden Anmeldeverfahren unterziehen müssen und einen Ausweis mit sich führen, der zeigt, dass sie der Sexarbeit nachgehen. Wer entscheidet, den Prostituiertenausweis nicht zu beantragen und sexuelle Dienstleistungen anbietet, hat mit Bußgeldern und Kriminalisierung zu rechnen. Dies hat nichts mit sozialer und rechtlicher Gleichstellung zu tun. Es führt auf keinen Fall zur Wertschätzung, Akzeptanz und Anerkennung dieser Berufsgruppe, obgleich in Deutschland das Recht auf freie Berufswahl besteht und somit auch Menschen in der Sexarbeit dieses Recht zusteht. Um die Gleichstellung von Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigkeiten zu erreichen, braucht es einerseits Aufklärung in allen Bevölkerungsschichten, um Entstigmatisierung und Antidiskriminierung voran zu treiben.  Andererseits zur Entkriminalisierung braucht es Nachbesserung von gesetzlichen Rahmenbedingungen. Des Weiteren sind unsachliche und emotionsgeladene Debatten über ein Sexkaufverbot nicht förderlich für den Abbau von Diskriminierung und Ausgrenzung. Gerade die Coronakrise hat gezeigt, dass Sexarbeit von der Politik oft anders behandelt wird. In vielen Bundesländern mussten Sexarbeiter*innen erst durch Klagen die Öffnungen ihrer Arbeitsorte erstreiten.

 

  1. Wir fordern die Entkriminalisierung der Sexarbeit und Entstigmatisierung der Sexarbeiter*innen.
  2. Wir fordern die rechtliche und soziale Gleichstellung von Sexarbeitenden mit anderen Erwerbstätigen.
  3. Wir fordern die dauerhafte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter*innen.
  4. Wir fordern den Ausbau der Gesundheitsversorgung für Menschen in der Sexarbeit.